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Expressionistischer Film

Als paradigmatisch wird in der Regel Robert Wienes Das Cabinet des Dr. Caligari (1920) angesehen – er vereinigt die Merkmale, die vor allen anderen die Filmwissenschaftlerin Lotte H. Eisner Mitte der 1950er Jahre als stilprägend postuliert hatte: ein deutlich sichtbarer Einfluss expressionistischen Theaters und expressionischer Bild-Kunst auf die Filmarchitektur sowie auf Kostüm und Spiel der Darsteller und zugleich eine thematische Ähnlichkeiten des filmischen Sujets mit dem expressionistischer Literatur. Der expressionistische Film soll sich somit als eine Kunstform unter anderen in die expressionistische Bewegung der 1910er bis 1930er Jahre einreihen. Das mag für Das Cabinet des Dr. Caligari auch noch zutreffen, wenn etwa die Kulisse von dem Maler Walter Reimann – seines Zeichens Mitglied der expressionistischen Künstlergruppe „Der Sturm“- mitgestaltet wurde. Es wird jedoch problematisch, wenn Eisner die wenigen Filme mit deutlich expressionistischem Dekor, wie Wienes Caligari und Genuine (1921) und Karl H. Martins Von morgens bis Mitternacht (1920), zusammen mit anderen bedeutenden Spielfilmen der 1920er Jahre, wie beispielsweise Der Golem – Wie er in die Welt kam (1920, Paul Wegener), Der müde Tod (1921, Fritz Lang), Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens (1922, Friedrich W. Murnau) oder Die Büchse der Pandora (1929, Georg W. Pabst), unter ein und demselben Label zu subsumieren versucht. Am Ende verbindet die in Plot und Dekor so unterschiedlichen Filme als kleinster gemeinsamer Nenner allein das Stilmerkmal des kontrastiven Einsatzes von Licht und Schatten, „das berühmte Helldunkel des deutschen Films“ (Eisner) und das expressive Spiel der Darsteller.

28/03/2016

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